Der Name Tai-Chi hat viele Bedeutungen. Er kann mit "großer Balken" übersetzt werden, der das Dach des Hauses trägt. Die alten Chinesen glaubten, das die Erde ein Viereck ist, über das sich der Himmel wie eine große Kuppel spannt. Der Himmel wird von einem großen Balken gestützt, dem Tai-Chi, das bis tief in die Erde und hoch bis zum Polarstern am Himmel reicht. Wie der Balken soll auch der Mensch stehen, fest verwurzelt in der Erde und aufgerichtet zum Himmel, ein Mittler zwischen Himmel und Erde und Oben und Unten.
Im Taoismus bedeutet Tai-Chi der Ursprung von Himmel und Erde und Ausgleich von Yin und Yang (Harmonie) Später wurde Tai-Chi auch als Wahrheit aller Dinger zwischen Himmel und Erde, als Ursprung von Himmel und Erde und als Urzustand vor der Entstehung der Welt gedeutet. Chuan hingegen bedeutet Faust. Tai-Chi-Chuan ist also die Kunst der Selbstverteidigung mit den bloßen Fäusten, nur halt ohne die schnellen und harten Elemente. übrig geblieben sind die weichen und langsamen Elemente. Doch die Schule des "Kampfes" ist nur ein Teil des Tai-Chi-Chuan, für die Chinesen ist Tai-Chi Heilgymnastik, Atemkunst und Meditation in Bewegung in einem.
über den Ursprung des Tai-Chi existieren viele Mythen und Legenden. Doch niemand kann genau sagen, wer Tai-Chi erfunden hat. Man weiß nur, das die Kampfkünste in China eine lange Tradition haben. Gepflegt wurden sie vor allem in den taoistischen Klöstern. Dort wurde früh die Kunst der Selbstverteidigung mit Gesundheitsübungen und Meditation verbunden. Besonders berühmt war das Shaolin-Kloster in der Provinz Henan, in dem verschiedene formen des Faustkampfs und der Waffenkunst gelehrt wurden.
Der Legende nach wurde Tai-Chi im 12. Jahrhundert erfunden. Zur der Zeit des Song-Kaisers Huizong (1101 bis 1126) wurde der taoistische Mönch Zhang Sangfeng vom Berg Wudang in die Hauptstadt Kaifeng gerufen. Auf dem Weg begegneten ihm 100 Räuber. Zhang Sanfeng mußte vor ihnen Zuflucht suchen. In der Nacht besuchte ihn im Traum der Geist der Berges Wudang und führte ihn in die Kunst des Tai-Chi ein. Am nächsten Tage nutzte Zhang Sanfeng sein neues Wissen, um die Räuber zu bekämpfen. Seine Kunst war so groß, das es ihm gelang, sie zu besiegen und in die Flucht zu schlagen. Nach einer anderen Legende hat sich Tai-Chi erst im 14. Jahrhundert entwickelt. Auch in dieser Geschichte wird die Kunst des Tai-Chi Zhang Sanfeng zugeschrieben. Doch jener Zhang Sanfeng lebte während der späten Yuan- und der frühen Ming-Dynastie. Um die Geheimnisse des Taoismus zu ergründen, vertiefte er sich auf dem Berg Wudang in die Mysterien des Yin und Yang. Da ihn das Geheimnis der Unsterblichkeit besonders faszinierte, beobachtete er Krähen und Schildkröten, zwei Tiere, die besonders lange leben. Eines Tages sah er eine Schlange mit einer Krähe kämpfen und beobachtete, wie die listige Krähe gewann. Er nahm sich diesen ungleichen Kampf der beiden Tieren zum Vorbild und erfand 13 übungen, die noch heute als Wurzeln des Tai-Chi angesehen werden.
Als eigentliche Begründer des modernen Tai-Chi aber gilt Chen Wangting (1597-1664). Er entwickelte den Chen-Stil, der bis heute als Wurzel für alle anderen Stilrichtungen des Tai-Chi angesehen wird. Lange Zeit wurden die Tai-Chi-übungen von der Familien Chen streng gehütet und nur an einige auserwählte, besonders begabte Schüler weitergegeben.
Der Legende nach gelang es erst Yang Luchan (1799-1872), das Geheimnis der Familien Chen zu lüften. Da die Familien keine Fremden unterrichtete, gab er sich als taubstumm aus und ließ sich von der Familie als Diener in ihrem Haus in der Provinz Henan einstellen. Viele Jahre soll er heimlich die übungen der Familie beobachtet und nachts in seiner Kammer geübt haben. Als er eines Tages entdeckt wurde, beherrschte er die übungen so perfekt, das er von der Familie Chen als Schüler aufgenommen wurde. Jahre später reiste er durch China, trat gegen 18 berühmte Meister verschiedener Kampfkünste an und besiegte sie angeblich mit nur zwei Bewegungen. Seine Kunst war so groß, das ihn die Menschen "den Unbesiegbaren" nannten. Yang Luchan war es auch, der als Begründer des heute noch sehr populären Yang-Stils Tai-Chi unter die Menschen brachte. Er war einer der ersten Meister, der öffentlich in Beijing Tai-Chi unterrichtete.
Der Yangstil hingegen verzichtet auf die schnellen Sprünge des Chenstils, ihm gebührt der Verdienst, Tai-Chi auf seinen Urahnen, den taoistischen Mönch Zhang Sanfeng, zurückgeführt zu haben. Die Bewegungen des Yangstils sind sanft, rund und fließend, sie werden ohne Unterbrechung und wie in Zeitlupe ausgeführt. Weiterentwickelt wurde der Yangstil durch Yang Chengfu (1883-1936), den Enkel von Yang Luchan. Es entstand eine festgelegte Folge von Bewegungsbildern, von der wiederum zahlreiche Variationen existieren.